Spreediame – Essayfilm (Kunst und Urbanistik)

„Spreediame – Ein Essayfilm über Pioniergewächse und Kunstheiler“

Warum sind wir eigentlich hier? Carsten Lisecki präsentiert mit „Spreediame – Ein Essayfilm über Pioniergewächse und Kunstheiler“ im Verlag der Universität der Künster Berlin sein hochkonzentriertes Standardwerk über die Nutzung von Kunst und Kultur als Motor der Berliner Stadtentwicklung. Kunstschaffenden wird eine hohe Wirkmacht zugesprochen bei der Steigerung der Attraktivität von Stadtteilen, die dann in der Folge durch angelockte InvestorInnen, Gentrifizierungsprozesse durchlaufen.Lisecki untersucht diese stadtpolitischen Verstrickungen mit filmischen, ethnologischen und performativen Methoden. Unerschrocken befragt und besucht er Initiativen, Demonstrationen, Wahrzeichen und ExpertInnen mit seiner Agentenausrüstung und verschmelzt die Situationen und Statements zu einem Potpourri bewusstseinserweiternder Erkenntnisse. Gezeigt werden darin auch eigene Interventionen, wie etwa die Aktion „Kurpark Börek“, in der er künstlerisch partizipatorische Arbeit vor einem Riegel hochpreisiger Townhouses in Berlin Mitte persifliert. Ein filmisches Lehrbuch für Künstler, Kunsthasser,  Metropolenforscher und Nostalgiker.

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In meinem Filmprojekt „Spreediame“ (Laufzeit 32:46 Minuten) habe ich u.a. die Arbeit einer Initiative im Prenzlauer Berg festgehalten, die sich gegen eine Stadt stellt, die Personen mit geringen Einkommen ausschließt. Die Betroffenen sind in diesem Beispiel keine KünstlerInnen, sondern Opfer von Gentrifizierungsprozessen in auch durch die Präsenz von KünstlerInnen aufgewerteten Stadtteilen. Ich beobachte Gruppen mit künstlerischem Hintergrund, die Quartiere wissenschaftlich vermessen und ProtagonistInnen, die aus beruflichen und persönlichen Gründen den Wandel Berlins präzise analysieren und reflektieren können. Diese Biographien stehen beispielhaft für die Menschen, die zivilgesellschaftlich Stadt prägen und verändern. Zwischen den Gesprächen habe ich Sequenzen montiert, die ein breites gesellschaftliches Spektrum abdecken, aber auch den Film rhythmisch gliedern. Neben den Befragungen und Beobachtungen, sind eigene Aktionen Teil meiner praktischen Arbeit. Meine kompakte Kamera führe ich während der Forschungsphase ständig bei mir, was schnelles, skizzenhaftes und autonomes Arbeiten fördert. Es entsteht dadurch ein Film, mit dem Charakter eines Tagebuchfilms. Der Zuschauer identifiziert sich im besten Falle mit meinen subjektiven, persönlichen direkten Verkettungen. Feldforschungen in Form von Interviews und Beobachtungen im Stadtraum und zwei eigene Interventionen sind zudem Inhalt des Essayfilmes.

Spreediame - Ein Essayfilm über Pioniergewächse und Kunstheiler
Cover Design Roland Icking



Creative City – Kunst als Katalysator der Gentrifizierung

Kunst hat sich bewährt als Instrument der Stadtentwicklung und als Aufwertungsinstrument für Immobilien. Der Stadtsoziologe Andrej Holm, ist diesem Phänomen in seinem Aufsatz „Gentrifizierung und Kultur: Zur Logik kulturell vermittelter Aufwertungsprozesse“1 nachgegangen. Holm stellt heraus, dass „Kultur unter dem Schlagwort der `creative city´ sogar zum Leitbild für die gesamte Stadtentwicklung erhoben ist“. Holm kritisiert diese Entwicklung, aber sie kann von KünstlerInnen als Argument für die Erhaltung von Freiräumen für KünstlerInnen genutzt werden.

Andrej Holm – Kunst als Motor der Aufwertung

Darüber hinaus analysiert Holm:“Verstärkt setzen städtische und immobilienwirtschaftliche Akteure auf kulturelle Strategien bei der Aufwertung von Immobilien, Stadtvierteln und ganzen Städten.“ Abschließend sieht Holm die Ansiedlung von KünstlerInnen als Motor der symbolischen Aufwertung, Medium der Inwertsetzung und Instrument der sozialen Exklusion in aufgewerteten Wohnvierteln. Holm attestiert den KünstlerInnen aber auch, Opfer der Verdrängung sein zu können, wenn sie sich die Mieten in der Gegend, in der sie den Aufwertungsprozess in Gang gesetzt haben, nicht mehr leisten können.

Berlin – Stadt im Wandel

Die Transformation der ehemals geteilten Stadt Berlin mit ihren – durch den Mauerbau 1961 und die Wiedervereinigung politisch und historisch bedingten – innerstädtischen Brachen hin zur wachsenden internationalen Kulturmetropole, dauert bereits seit mehr als 25 Jahren an. Laut Prognose der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen steigt die Bevölkerungszahl in Berlin bis 2030 um rund 7,5 Prozent:„Die gesamtstädtische Rechnung weist in ihrer mittleren Variante für das Jahr 2030 eine Einwohnerzahl von rund 3,828 Mio. Personen aus.“2

Die damit einhergehenden politischen und sozialen Veränderungen erfordern neben der Entwicklung von neuen Zielen, Interventionen im Stadtraum – auch aus künstlerischer Sicht, daraus könnten sich neue Arbeitsmöglichkeiten für KünstlerInnen im öffentlichen Raum ergeben.

(Sub-)Kultur als Marketinginstrument

Einerseits wirbt die Stadt Berlin mit einer dynamischen Kunstszene, aber andererseits finden durch die gesteigerte Attraktivität und das damit verbundene Bevölkerungswachstum immer weniger KünstlerInnen finanzierbare Arbeits- und Wohnräume. Wenn alle Freiräume an InvestorInnen verkauft werden, verliert die Stadt ihr künstlerisches Potenzial und Alleinstellungsmerkmal3. Der Sozialwissenschaftler Andrej Holm kommentierte4, dass ein Umzug in ein günstigeres Stadtviertel durch Mietspiegelangleichung für Gesamtberlin, wie es in der Vergangenheit Praxis war, nicht mehr möglich sei. Die besorgniserregenden Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt sind in dem Dokumentarfilm „Die Stadt als Beute“5 akribisch aufgearbeitet worden. Gezeigt wird darin eine Stadt, deren Wandel vollständig vom Kapitalismus in seiner negativsten Ausprägung gestaltet wird. Unaufhaltsames Ergebnis dieser Umstrukturierung scheint eine düstere Zukunft, in der Berlin für die BewohnerInnen unbezahlbar ist.

Die Stadtethnologin Anja Schwanhäußer bezeichnet in ihrer Dissertation die AkteurInnen der Gentrifizierung als „Kosmonauten des Underground“6, eine Szene von WagenburglerInnen und alternativen Hausprojekten, die als ExpertInnenen einer Erlebnisgesellschaft die Eventisierung vorantreiben und mit ihren Tätigkeiten den Grundstock einer kreativen Szene bilden. Diesen Beobachtungen möchte ich zustimmen und um den Typus der autodidaktisch geprägten Underground KünstlerInnen erweitern, der sich in alternativen Kreisen bewegen.7

Streetart, die ihre Wurzeln in der Wandgestaltung linksgerichteter politischer Botschaften hat, ist längst im Mainstream angelangt und lockt TouristInnenströme in die Stadt. Am Kurfürstendamm nutzen Street Art KünstlerInnen 2017 ein Gebäude zur Zwischennutzung. Vor dem von den KünstlerInnen als „The Haus“ titulierten Gebäude bildeten sich lange Warteschlangen. Gut sichtbar vermarktete eine Immobilienfirma am Eingang unter dem gleichen Namen die hier entstehenden Luxusappartements.

Magnet Berlin – arm aber sexy

In KünstlerInnenkreisen war die Attraktivität Berlins noch nie ein Geheimnis. Diese Tradition liegt begründet in den Goldenen Zwanziger Jahren, in denen Berlins Kulturleben Weltruhm genoss.

Nach dem Berliner Bankenskandal im Jahre 2001 lag die Stadt finanziell am Boden. Es gab zu wenig Arbeitsplätze und Ideen zwecks Neuausrichtung der Stadt in Konkurrenz zu anderen Hauptstädten. Eine kaum vorhandene Industrie und ein nur auf Kurzbesuche ausgerichteter Tourismus versprachen kaum Entwicklungschancen und Einnahmen.

2002 gingen Demographen noch von einer Reduzierung der Einwohnerzahlen Berlins aus. Die senatseigenen Wohnungsbaugesellschaften reagierten und starteten ein „Rückbauprogramm“, durch welches der Leerstand aufgehoben werden sollte.

In einem Interview im Jahre 2003 mit dem Focus Magazin prägte der frühere Berliner Bürgermeister Wowereit mit dem Satz „Wir sind arm aber sexy.“8 das Image Berlins über die Stadtgrenzen hinaus bis heute. Als Personengruppe dieser vermeintlichen Selbstbezichtigung sind meiner Meinung nach nicht die Mitglieder seiner eignen politischen Klasse beschrieben, sondern die Kunstszene, derer er auch als Kultursenator in Personalunion vor- und damit nahe stand. Als Kultursenator hatte er sicherlich beobachtet, wie ohne besondere staatliche Förderung, eine junge, gebildete, flexible kreative, energiegeladene, immer internationaler ausgerichtete Szene in die Stadt zog und diese belebte. Diese Entwicklung als Statement nach außen zu tragen und damit auch preisbewusste InvestorInnen anzulocken, die nicht ihr Geschäftsfeld in der Kunst verankert wissen, war ein wichtiger Punkt, um die Anziehungskraft vor allem für Immobiliengeschäfte zu steigern.

Mit diesem Ausspruch hatte die gestaltende Politik nur das zum Ausdruck gebracht, was die Kunstszene selbst natürlich schon seit Anfang der Neunziger Jahre in den Bezirken Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain für sich entdeckt hatte: Eine Stadt im Werden, mit vielen Freiräumen, günstigen Wohnungen und aufgeschlossenen Bewohnern.

Der Journalist Kolja Reichert stellt in seinem Essay für den Neuen Berliner Kunstverein eine Besonderheit der neuen Bewohnerschaft fest: „Berlin: eine nachkapitalistische Utopie, in der es keine Arbeit gibt, nur noch Freizeit. Hier wird Geld umgesetzt, das woanders erwirtschaftet wurde, beim Holzfällen in Alaska, im elterlichen Gurtschnallenbetrieb in Neckarsulm oder durch die Untervermietung der Londoner Eigentumswohnung.“9

Dieses Publikum ist somit nicht auf die wenigen Arbeitsplätze Berlins angewiesen und hat Zeit, kulturelle Angebote wahrzunehmen. Die Akteure aus dem kulturellen Feld werden zu AnimateurInnen einer Freizeitgesellschaft und sorgen für die Atmosphäre und Simulation einer Stadt voller kultureller Möglichkeiten. Ist der oder die unabhängige, begüterte Zugezogene kunstschaffend, kann er oder sie selbst produzieren und konsumieren. Zugezogene subventionieren mit ihrer Anwesenheit das wirtschaftliche Wachstum der Stadt und schaffen an ihren Bedürfnissen orientierende Arbeitsplätze.

Künstler als Wurzel der Gentrifizierung?

Nachdem die Figur des Künstlers als Stadtentwicklungsbeschleuniger in den innerstädtischen Gebieten keine Freiräume mehr vorfindet, wird auch er in städtische Rand- bzw. Problembezirke abgedrängt, um der Sozialarbeit verwandte Tätigkeiten zu übernehmen. KünstlerInnen erarbeiten dort Konzepte, die oft ein hohes Maß an Beteiligung der AnwohnerInnen verlangen.

Alternativ kann die Figur des Künstlers als Aktivist gegen seine eigene Verdrängung kämpfen und damit zum Politiker und Anwalt seiner eigenen Interessen und Existenz avancieren. So agiert z.B. die Aktionsgruppe “Haben und Brauchen”, als Zusammenschluss Berliner Kunstakteure seit 2011 als selbsternanntes Sprachrohr der Kunstszene.10 Hier stellt sich mir die Frage, ob diese Neudefinition der beruflichen Tätigkeit zum Selbstzweck wird oder auch Raum für künstlerische Arbeit bleibt.

In der Veranstaltung „Im Dissens: Künstlerisches Engagement, Gentrifizierung und Nachbarschaft“ (ngbk Lectures) interessierten sich die TeilnehmerInnen in der Fragerunde, inwieweit KünstlerInnen, die die MieterInnenprotestbewegung in Los Angeles organisieren und gestalten, ihren Aktivismus noch als Kunst begreifen. Die KünstlerInnen erläuterten, dass sie künstlerische Arbeit in Form von Galerien und Ateliers als generell quartiersaufwertend und damit mietpreistreibend empfinden und deshalb diese Art künstlerischer Arbeit ablehnen. Ihre Intervention in die Stadtteilarbeit sei die Gestaltung von Logos und Vernetzung von Protestgruppen, sowie die Politisierung der Anwohner. 11

Erfolgreich war die Einmischung in die Wohnungspolitik durch den Kommunikationsdesigner Sandy Kaltenborn und der Kulturwissenschaftlerin Ulrike Hamann. Sie gründeten gemeinsam die Mietergemeinschaft Kotti & Co12 am Kottbusser Tor. Sie initiierten ein Protesthaus und kämpfen politisch gemeinsam mit AnwohnerInnen gegen die Verdrängung von MieterInnen aus den Innenstadtbezirken. Kotti & Co beteiligt sich vielfach auch an Diskussionen rund um die Wohnungsfrage.

Künstlerische Interventionen

KünstlerInnen nutzen temporär leerstehende Gebäude als Atelier oder Ausstellungsfläche. Dieses kann aus Eigeninitiative von Einzelpersonen oder einer Künstlergruppe geschehen oder als Instrument einer städtischen Institution, die KünstlerInnen anwirbt, um die Attraktivität einer Gegend zu steigern. Dieses geschieht überall, wo es viele KünstlerInnen und Leerstand gibt, deshalb sind folgende Interventionen nur zwei Beispiele aus dem Berliner Randbezirk Marzahn.

Zwischennutzung bis zum Abriss

Allein die Wohnungsbaugesellschaft Degewo riss zwischen den Jahren 2002 und 2010, 3500 Wohnungen in Marzahn ab.13 Insgesamt sollte der Abriss von 10.000 Wohnungen den Leerstand beheben. Das Mieterecho (Zeitung einer Berliner Mietergemeinschaft) vermerkte im Jahre 2004 die Tätigkeit einer nicht namentlich genannten KünstlerInnengruppe: „Auch Gruppen, die sich kritisch mit der Stadtpolitik auseinandersetzen, beginnen sich zögerlich mit dem Phänomen schrumpfende Stadt zu befassen.14 Im Sommer 2002 nutzte eine KünstlerInnengruppe die zwei mittlerweile abgerissenen Doppelhochhäuser in der Marchwitzastraße für ihre Kulturprojekte. Die Kooperation mit den BewohnerInnen in der Nachbarschaft war bei ihnen eher zweitrangig“ 15

Zwischennutzung als Instrument der Revitalisierung

Heutzutage arbeiten KünstlerInnen an der Revitalisierung Marzahns. Sie sollen die leerstehenden Geschäfte der Marzahner Promenade zu Kunst und Kulturorten umwandeln.16 Die Chancen dafür stehen gut, denn Marzahn hat sich aufgrund fehlender Atelierräume in den westlichen Stadtbezirken schon längst als Alternative für Kunst- und Kulturschaffende bewährt.17

Urbane Handlungsspielräume von KünstlerInnen

KünstlerInnen können als Katalysatoren von Gentrifizierungsprozessen instrumentalisiert werden, oder ihren Einfluss geltend machen und positive Entwicklungen für das städtische Leben anschieben. Als Teil des Prozesses können sie vorab mit einer Recherchearbeit über die Zusammensetzung der Nachbarschaft und des Umfelds beginnen. Sie stellen sich den AnwohnerInnenn vor, pflegen entstandene Kontakte und laden die BewohnerInnen zur Teilnahme an Projekten ein. Die KünstlerInnen intervenieren mit ihren Ideen in bestehende Nachbarschaften. Sie möchten über diesen Eingriff hinaus, Plattformen der Kultur installieren.. Für das Beleben von Gemeinschaft, das in Fachkreisen auch “Community Building” genannt wird, regen sie zur gemeinsamen Kulturproduktion an. Diese kann in Form von Wandmalereien, Stadtteilzeitungen, Erzählcafés, Theaterstücken, Workshops und vielen anderen Formen stattfinden.

Raumstrategien

Eine weitere Form der künstlerischen Intervention ist die so genannte “Zwischennutzung”, in der den KünstlerInnen temporär Flächen als Ateliers und Ausstellungsräume zur Verfügung gestellt werden, um damit Quartiere zu beleben. Im Gegensatz zu den BewohnerInnen verfügen KünstlerInnen jedoch auch über einen autonomen, standortunabhängigen und -übergreifenden Bezugsrahmen, indem sie ihre Arbeit öffentlich machen können. BewohnerInnen und Quartier werden darin zum Material ihres künstlerischen Schaffens.

Die Kunst, die Stadt und das universitäre Feld

Der Masterstudiengang „Social Design“ der Universität für angewandte Kunst Wien wirbt im Jahr 2016 um TeilnehmerInnen und konkretisiert die Kompetenzen von KünstlerInnen im Gefüge der Stadtentwicklung wie folgt: „Insbesondere Kunstuniversitäten sind prädestiniert diesen anderen, neuen Blick auf die Eigenlogiken der Städte und der Eigendynamik ihrer Prozesse zu werfen. Künstlerisch forschend wird ein Verbindungsglied zwischen vielfältiger disziplinärer Expertise und Problemstellungen des urbanen Raumes hergestellt.“

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Die Kompetenzen von KünstlerInnen werden hier hervorgehoben und ein neues Berufsfeld der Stadtplanung entwickelt. KünstlerInnen sollen neben StadtsoziologInnen, StadtplanerInnen, PolitikerInnen und ArchitektInnen anerkannter Teil professioneller Stadtentwicklung werden. KünstlerInnen sind damit nicht mehr Werkzeug der Stadtentwicklung, sondern EntscheiderInnen und GestalterInnen.

Die “Frankfurt University of Applied Sciences” bietet im Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit, den Masterstudiengang „Performative Künste in Sozialen Feldern“ an. AbsolventInnen sollen nach ihrem Abschluss in der Lage sein, „künstlerisch-performative und kulturelle Projekte passgenau für bestimmte Zielgruppen und Sozialräume zu entwickeln und durchzuführen.“19

Mit diesem Studienprofil verlieren KünstlerInnen Arbeitsmöglichkeiten, da sie in Konkurrenz zu AbsolventInnen mit sozialpädagogischen Hintergrund stehen und sich den Markt an angebotenen institutionalisierten Projekten teilen müssen. Es bleibt abzuwarten, wem künftig Projektförderung im Bereich “Arbeit mit gesellschaftlichen Gruppen” im Kontext Stadtentwicklung zufließt. Das Institut für Kunst im Kontext20 entstand im Jahre 1976 aus einem Modellversuch der Künstlerweiterbildung der Hochschule der Künste Berlin und des BBK (Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler). Heute liegen die Studienprofile u.a. in der künstlerischen Arbeit mit gesellschaftlichen Gruppen und im öffentlichen Raum. Der im Jahre 2016 akkreditierte Frankfurter Studiengang wird sich dem Wissensvorsprung des Institutes für Kunst im Kontext gegenüber, künftig beweisen müssen. Meiner Einschätzung nach ist es leichter KünstlerInnen in soziale Felder zu integrieren, als SozialpädagogInnen in die künstlerische Arbeit.

Feldforschung im urbanen Raum

Die spezifische Anziehungskraft einer Stadt am Beispiel Berlins ist nicht leicht erklärbar, da jeder Mensch in diesem facettenreichen Gebilde eigene Ziele verfolgt. Seit 1992 lebe ich in Berlin, deshalb verknüpfe ich in meiner Arbeit auch persönliche Erfahrungen und Beobachtungen mit Gentrifizierung, der Nutzung von Freiräumen und der Internationalisierung.

Als teilnehmender Beobachter begebe ich mich in Milieus und filtere heraus, was häufig intransparent ist. Damit öffne ich den Blickwinkel für die ZuschauerInnen und sensibilisiere sie für neue Kontexte.

1Holm, Andrej: Gentrification und Kultur: Zur Logik kulturell vermittelter Aufwertungsprozesse. In: Hannemann u.a.(Hrsg.) : Jahrbuch Stadtregion 2009/10, Seite 64

2Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2015 – 2030, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Ref. I A, Stadtentwicklungsplanung in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik, Berlin-Brandenburg, Berlin, Jan. 2016, http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/bevoelkerungsprognose/

3Vgl. Schwanhäußer, Anja: „Kosmonauten des Underground, Ethnografie einer Berliner Szene“, Campus Verlag,

Frankfurt, New York 2010

4Alles schick in Kreuzberg!?! Der Sound der Gentrification mit Andrej Holm, Vortrag im Kreuzbergmuseum 04.11.2015

5Wilke, Andreas: „Die Stadt als Beute“, Dokumentarfilm, 82 Min, Deutschland 2015, ITWORKS! Medien GmbH, weltfilm GmbH Berlin 2016

6Schwanhäußer, Anja: „Kosmonauten des Underground, Ethnografie einer Berliner Szene“, Campus Verlag, Frankfurt, New York 2010

7Schoeps, Daniel: Szene-Mythos “Tacheles” Zauberwelt der Zwischenzeit“, in: Der Spiegel“ v. 23.11.2008, http://www.spiegel.de/einestages/szene-mythos-tacheles-a-949670.html 

8http://www.focus.de/politik/deutschland/wowereits-berlin-slogan_aid_117712.html

9“Give Us The Future im Neuen Berliner Kunstverein, Verlag der Buchhandlung Walther König, Berlin 2014

10Vgl.: http://www.habenundbrauchen.de/category/haben-und-brauchen/manifest/

11Vgl.: Im Dissens: Künstlerisches Engagement, Gentrifizierung und Nachbarschaft, nGbK Lectures am 04.05.2017,

12https://kottiundco.net/

13Sethman, Jens: Stadtumbau Ost: Kein Abriss mehr in Marzahn, Mietermagazin Berlin, Ausgabe 9/2010, http://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0910/091008a.htm

14https://www.bmgev.de/mieterecho/302/06.htm

15 Nowak, Peter: „Rückbau Ost in Berlin – Neue Chancen für die Platte“, in: Mieterecho – Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V., Nr. 302, Januar 2004, https://www.bmgev.de/mieterecho/302/06.htm

16Kunow, Fabian: Kantig und praktisch, in: jungle World Nr. 8, 19. Februar 2015, http://jungle-world.com/artikel/2015/08/51481.html

17 dpa-Artikel: Neues Szeneviertel – Marzahn mausert sich, in: Frankfurter Rundschau, fr.de v. 27.08.2015, http://www.fr.de/panorama/neues-szeneviertel-marzahn-mausert-sich-a-443132

18Vgl.: Social Design – Arts as Urban Innovation, Masterstudiengang am Institut Kunst und Gesellschaft, der Universität für angewandte Kunst in Wien, http://www.dieangewandte.at/socialdesign

19s.a.: Performative Künste in sozialen Feldern, Studiengang an der Frankfurt University of Applied Sciences, https://www.frankfurt-university.de/index.php?id=16003

20 http://www.kunstimkontext.udk-berlin.de/geschichte/